Wie jedes Jahr ist es am 21. Juni wieder so weit: Ensembles, Chöre, unzählige Straßenkünstler:innen, Bars, Gigs und Bühnen laden zum Musizieren, Rocken, Singen und Feiern ein. Ganz Berlin wird zum bunten, Musik unterlegten Straßenfest. Aber nicht nur in Berlin wird gefeiert – die Fête de la Musique gibt es in über 80 verschiedenen deutschen Städten und Ortschaften. Lena Jüngel setzt sich in diesem Artikel mit der Fête de la Musique als Event der Demokratieförderung auseinander.
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Vor über 40 Jahren fand das Musikfest erstmals in Paris statt. Damals regte der französische Kulturminister Jack Lang das Fest an, das am symbolischen Tag des Sommeranfangs stattfinden sollte. Eine damalige Umfrage soll ergeben haben, dass fünf Millionen Franzosen und Französinnen Musikinstrumente spielten. So sei erkannt worden, dass Musik in Frankreich eine große Rolle spielt. Unter dem Slogan „Faites de la musique” („Macht Musik!“) sollte die Freude an der Musik zelebriert und vor allem Amateurmusiker:innen im öffentlichen Raum gefördert werden.
An der heute als Fête de la musique, also als „Musikfest“ bekannten Veranstaltung, nehmen inzwischen mehr als 400 Städte in 100 verschiedenen Ländern auf fünf Kontinenten teil. Das größte Musikfest der Welt hält jedoch an seinen französischen Grundsätzen fest. Damit das Fest ein Fest der Toleranz bleibt und nicht zu Kommerzialisierungszwecken missbraucht wird, wurde 1997 sogar eine Charta unterzeichnet, der alle Teilnehmenden unterliegen. Veranstalter:innen stimmen darin zu, die Events für alle frei zugänglich zu gestalten, Musiker:innen sollen sich außerdem ohne Hindernisse einbringen können. Die Charta bestimmt den 21. Juni als Tag, an dem Musik über Grenzen hinweg gefeiert werden soll.
Zugänglichkeit und Inklusion
Für die Förderung von musikalischer Diversität ist die Fête de la Musique das beste Beispiel: Viele verschiedene Künstler:innen, unterschiedliche Musikrichtungen und die Freiheit zu feiern, wer man ist durch Musik aller Art und Herkunft in verschiedenen Sprachen. Da das Fest zugänglich für alle sein soll, sind alle Veranstaltungen kostenlos. Vor allem junge Künstler:innen (unabhängig jeglicher Stile und entgegen jeglicher Machtverhältnisse) sollen gefördert werden. Außerdem gibt es viele barrierefreie Konzerte; auf ausgewählten Veranstaltungen gibt es sogar Gebärdensprachdolmetscher:innen. Aber auch die Freiheit für jeden und jede Straßenmusiker:in von 15 bis 22 Uhr öffentlich Musik machen zu dürfen, ohne Angst haben zu müssen, durch die Polizei vertrieben zu werden, ist eine Besonderheit. Dieses Fest der Musik ist also auch ein Fest der Demokratie.
Verbundenheit über Grenzen hinweg
In einer Zeit, in der uns verschiedene Konflikte spalten, ist es umso wichtiger, das zu zelebrieren, was uns verbindet: die Musik. Sie erinnert uns daran, dass wir doch alle gar nicht so verschieden sind und wir uns nur durch Privilegien voneinander unterscheiden.
Musik als universelle Sprache vereint und bringt Menschen zusammen. Das schafft die Fête de la musique. Sie nimmt eine Art Vermittlerrolle ein und findet sogar in Gefängnissen, Krankenhäusern und Schulen statt, ist aber auch ein Bindeglied zwischen Städten und Kommunen. Weltweit vereint sie an einem Tag Millionen von Menschen. Zum Beispiel durch einen Flashmob, bei dem zeitgleich um 19 Uhr in allen teilnehmenden Städten die Europahymne gespielt werden soll. Die Hymne an sich ist schon das beste Beispiel für internationale Kommunikation ohne Worte. Um keine Sprache über eine andere zu stellen, vereint sie auch ohne Text die demokratischen Werte: Freiheit, Frieden und Solidarität. So verknüpft auch die Fête de la musique an einem Tag einige Teile unserer multi-musikalischen Welt.
Ist Solidarität irgendwann aufgebraucht?
Wie auch schon Jack Lang sagte: „Die Fête de la Musique ist ein politisches Fest”. Die Ideale dieses Tages sollten sich auch im alltäglichen Leben ein bisschen mehr zum Vorbild genommen werden. Immerhin laufen direkt am nächsten Tag Straßenmusiker:innen wieder Gefahr, vertrieben zu werden, Gleichheit als demokratischer Wert existiert uneingeschränkt nur auf dem Papier und Kultur bleibt Luxusgut. Die solidarische Stimmung scheint im Alltagstrott schnell wieder unterzugehen. Dabei lässt das Konzept der Fête de la musique Zugänglichkeit, Inklusion, Toleranz und Vielfalt so leicht aussehen.